Das Hauptklärwerk Mühlhausen ist seit über 100 Jahren das Rückgrat der Stuttgarter Abwasserreinigung. Selbst im Zweiten Weltkrieg blieb der Betrieb trotz Bombenangriffen weitgehend gesichert, was ein entscheidender Faktor für die Hygiene und Versorgungsstabilität der Stadt war.
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Das Hauptklärwerk während des Zweiten Weltkriegs
Während des Zweiten Weltkriegs spielte das Klärwerk eine wichtige, aber wenig wahrgenommene Rolle in der städtischen Infrastruktur. Die Reinigung des Abwassers war auch während des Kriegs lebenswichtig, da ein Ausfall die Wasserqualität des Neckars massiv beeinträchtigt hätte. Besonders wichtig war die Abwasserbehandlung für die Rüstungsbetriebe im Neckartal, die Lebensmittel- und Metallindustrie sowie die Wasserversorgung im Stadtgebiet – zumindest mit einem indirekten hygienischen Effekt.
Während der verschiedenen Luftangriffe auf das Stadtgebiet von Stuttgart wurde der Betrieb der Hauptkläranlage aufrechterhalten. In der Nacht des 15. April 1943 zwischen 0.42 Uhr und 1.52 Uhr wurden auch weite Teile von Mühlhausen getroffen.
Das Klärwerk lag zwar nicht im Fokus des Luftangriffs, war aber mehrfach indirekt betroffen, u. a. durch Beschädigungen der Zulaufkanäle und Ausfälle der Stromversorgung.
Für den Werkschutz entschlossen sich die Verantwortlichen, einen Schutzstollen für die Werksangehörigen anzulegen. Die Suche nach einem passenden Standort bot keine großen Auswahlmöglichkeiten. Allein der Steilhang unmittelbar gegenüber der Hauptzufahrt zur Kläranlage eignete sich für den Stollenbau. Sicherlich waren die maximal 13 Meter Überdeckung an der Grenze des Möglichen, dennoch bot der Muschelkalkfels ausreichend Schutz.
Der Luftschutzstollen im Detail
Die erste und einzige Quergalerie existiert noch auf einer Länge von 31 Metern. Das rechte Ende endet im blanken Fels, während das linke mit Schalbetonsteinen abgemauert ist. Hinter der Abmauerung ist nur Geröll zu erkennen. Ob es sich dabei um einen Verbruch oder einen unfertigen Stollenteil handelt, war durch die Löcher in der Wand nicht erkennbar.
Der Stollen wurde im festen Muschelkalk aufgefahren, und es erfolgte kein Ausbau in Beton. Die Gasschleuse konnte weitestgehend fertiggestellt werden, ihre Ausführung erfolgte in einfachem Ziegelausbau. Die durchschnittliche Stollenbreite beträgt 170 cm und die Höhe 200 cm. Der Zugangsstollen weist bereits starke Verwitterungserscheinungen auf, und auf der gesamten Strecke bis zur Gasschleuse ist Material aus der Decke gebrochen. Ab der Gasschleuse erscheint die Firste allerdings noch standfest zu sein.
Mit einer noch begehbaren Gesamtstrecke von 75 Metern und einer Grundfläche von 128 Quadratmetern fällt dieses Bauwerk relativ klein aus.
Bauplan
Die folgende Grafik zeigt den maßstabsgetreuen Grundriss, welcher wieder per LiDAR-Scan erstellt wurde.
3D-Modell
Zusätzlich zum Bauplan ist es möglich, den LS-Stollen interaktiv in einem 3D-Modell zu erkunden.
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Fazit
Der Luftschutzstollen des Hauptklärwerks Mühlhausen zeigt eindrucksvoll, welche Bedeutung der Schutz des Betriebspersonals im Zweiten Weltkrieg hatte. Trotz begrenzter Platzverhältnisse, einfacher Bauweise und nur teilweiser Fertigstellung bot der im Muschelkalk angelegte Stollen den notwendigen Schutz, um den Betrieb der Anlage auch während schwerer Luftangriffe zu sichern. Heute stellt er ein seltenes bauliches Relikt dar, das die Anforderungen und Improvisationen dieser Zeit sichtbar macht und die historische Bedeutung des Klärwerks auf besondere Weise unterstreicht.




