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Unter dem Freiburger Schlossberg liegt die größte Zivilschutzanlage ihrer Art in Deutschland. Die Stollen stammen ursprünglich aus dem Zweiten Weltkrieg, wurden aber zwischen 1963 und 1968 für rund 11 Millionen Mark zu einem modernen Schutzraum umgebaut.
Details zum Bauwerk
Während die atomare Bedrohung im Kalten Krieg allgegenwärtig war, wurde diese Stollenanlage für atomare, biologische und chemische Angriffe ausgelegt. Auf rund 7000 Quadratmetern hätten bis zu 5000 Menschen im Ernstfall 30 Tage lang Schutz gefunden. Die Anlage ist in drei voneinander unabhängige Abschnitte gegliedert, jeweils mit eigener Stromversorgung über Schiffsdiesel, die zusammen über 120 000 Liter Kraftstoff bevorraten konnten. Zwei Brunnen und drei Wasseraufbereitungen sicherten die Trinkwasserversorgung.
Etwa zwei Drittel der Plätze bestehen aus einfachen, herunterklappbaren Holzsitzen mit Kopfstütze, der Rest aus Klapppritschen. Eine typische Sitz- und Schlafplatzverteilung. Diese Aufteilung ermöglichte einen routinierenden Schlafbetrieb im 8-Stunden-Rhythmus. Die engen Gänge hätten ein Zusammenrücken unvermeidlich gemacht. Es ist absolut nicht vorstellbar, wie sich hier Menschen 30 Tage lang aufhalten sollen. Fremde Personen auf engstem Raum, ohne zu wissen, wie es den Angehörigen draußen ergangen ist. Sind diese noch am Leben? Steht das eigene Haus noch? Existiert überhaupt noch etwas außerhalb der Luftschutzanlage? Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass das Personal es geschafft hätte, das Schutzbauwerk 30 Tage lang gegen Austrittsversuche zu sichern.
Freiburger Luftschutzanstrengungen
Die Schlossbergstollen waren Teil des Freiburger Schutzraumkonzepts, das insgesamt sechs öffentliche Anlagen mit Platz für etwa 10 000 Menschen umfasste. Eine Priorisierung gab es nie: „Wer zuerst kommt, malt zuerst“ war die Devise. Sobald ein Schutzbauwerk voll gewesen wäre, würde es schlicht geschlossen. Die Einsatzvorbereitung des städtischen Amts für Brand- und Katastrophenschutz kontrollierte regelmäßig die Anlagen und war gleichzeitig für 47 Trinkwasser-Notbrunnen und 66 Sirenenstandorte in der Stadt zuständig.
Viele Freiburger Schutzbauwerke waren sogenannte Mehrzweckanlagen, etwa die Tiefgarage unter dem Stühlinger Kirchplatz, die im Alltag normal genutzt wird und im Ernstfall mit Stahltoren verschlossen werden könnte, um rund 600 Menschen Schutz zu bieten. Die größte und technisch komplexeste Anlage blieb jedoch der Schlossbergstollen.
Die Verwaltungskosten der Schutzräume trugen die Kommunen, und die Wartung übernahm der Bund. Freiburg wurde 1982 sogar gerichtlich verpflichtet, den Schlossbergstollen zu übernehmen. Die jährlichen Wartungs- und Instandsetzungskosten sanken im Laufe der Jahrzehnte. So lagen diese 1992 noch bei rund 200.000 Mark, zuletzt aber nur noch bei etwa 18.000 Euro. Der Schutzrauminstandhaltungsdienst, für den die Stadt bis zu 36 Helfer verpflichten durfte, bestand zuletzt aus rund zehn Personen. Sie trafen sich im Zweiwochenturnus im Schlossberg, erledigten kleinere Reparaturen selbst und erhielten die alten Anlagen betriebsfähig – soweit das mit der überalterten Technik überhaupt noch möglich war. Die letzte vollumfängliche Wartung fand im Jahr 2011 statt. Die Badische Zeitung titelte am 3. Dezember 2014: „Atombunker im Freiburger Schlossberg wird geschlossen“, somit entfiel das Schutzbauwerk aus der Zivilschutzbindung.
Der Verfall
Seit dieser Entscheidung war es der Stadt Freiburg nicht möglich, alle fünf Zugänge dauerhaft zu sichern. Auch fand ein in Betracht gezogener Rückbau des Schutzbauwerks nicht statt. Hier spielt sicherlich der Kostenfaktor für die Entsorgung der Schadstoffe eine große Rolle. Der starke Schimmelbefall ist dabei das kleinste Problem. Die Elektroanlage und dabei insbesondere die Transformatoren der Beleuchtung sind mit PCB belastet.
Viele Einbauten wie Trennwände und Türen bestehen aus Asbest in gebundener Form – wenn man dies noch so nennen kann. Vandalen haben bereits viele der Trennwände und Türen eingetreten. Die Stücke der Asbestplatten liegen am Boden und werden durch weitere Besucher zertreten und in der Stollenanlage verbreitet. Ob da noch von „gebundener Form“ die Rede sein kann, ist absolut fragwürdig. Die starken Wetterzüge (Winde), welche je nach Witterung unterschiedlich stark durch die Anlage ziehen, tragen die Asbestpartikel wahrscheinlich durch das gesamte Bauwerk in Richtung der Ausgänge, über die der Luftstrom auszieht. Möchte ich einen angrenzenden Garten zu einem der Zugänge haben oder mich auf dem Spielplatz vor dem Zugang Karthäuserstraße niederlassen? Ich denke nicht!
Ein Großteil der Wände und viele Einbauten sind mit Graffitis beschmiert. Sämtliche Pissoirs im Sanitärbereich wurden zerschlagen. Viele Räume dienten als Unterkunft für Obdachlose oder Besetzer. Die Liste der Zerstörung wäre noch lang, aber belassen wir es bei dem Fazit, dass das Schutzbauwerk in einem desolaten Zustand ist und die Stadt Freiburg die Kontrolle verloren hat.
Fazit
Dennoch bleibt die Stollenanlage ein eindrucksvolles Relikt des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs – verborgen im Inneren des Freiburger Schlossbergs.




